3. ausgezeichnetes Forschungsprojekt – Meteorologie

Wir möchten an dieser Stelle die vollständige Rede des Preisträgers, Dr. Alexander GOHM, wiedergeben.

Einleitung und Danksagung

Sehr geehrter Herr Vorstand der Weiss-Wissenschaftsstiftung (Rudolf Bauer), sehr geehrter Herr FWF-Präsident (Klement Tockner), sehr geehrter Herr Rektor (Tillmann Märk), lieber Dekan (Georg Kaser), lieber Institutsleiter (Mathias Rotach), liebe Freunde und Kollegen!

An erster Stelle möchte ich mich für die Verleihung dieses Wissenschaftspreises und die damit verbundenen finanziellen Mittel herzlich bedanken. Diese Mittel werden es mir in den nächsten 3.5 Jahren ermöglichen, zusammen mit meinem Team innovative Forschung im Bereich der Gebirgsmeteorologie zu betreiben. Innovative deshalb, weil sowohl der Untersuchungsaspekt als auch die Methodik neuartig sind, obwohl das zu untersuchende Phänomen – der alpine Föhn – jedem Alpenbewohner scheinbar bestens bekannt und vertraut ist. Der Föhn eignet sich nicht nur als dankbares Gesprächsthema beim Kaffeetratsch sondern hat Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schon seit mehr als 100 Jahren in den Bann gezogen. Als Beispiel möchte ich hier nur die bekannten „Innsbrucker Föhnstudien“ von Heinrich von Ficker erwähnen, die zwischen 1906 und 1910 durchgeführt wurden. In diesen Studien hat von Ficker mit seinen spektakulären Ballonfahrten über die Nordkette versucht, die Frage zu klären, warum der Föhn in die Täler absteigt. Diese Frage wurde bis heute noch nicht restlos beantwortet, besonders wenn es um den Aspekt des Durchbruchs und Zusammenbruchs von Föhn geht. Ich möchte nun im folgenden mein Forschungsprojekt PIANO kurz vorstellen.

Motivation

Abgesehen von Gewittern und Starkniederschlägen stellen Sturmwinde im Lee von Bergen eine der größten Wettergefahren in Gebirgsregionen dar. Der alpine Föhn ist ein prominenter Vertreter dieser Sturmart. Im Laufe der letzten Dekaden hat sich die Wissenschafts-Community intensiv bemüht, das Verständnis und die Vorhersage dieser heftigen Winde zu verbessern. Hier sind besonders zwei große internationale Feldmesskampagnen zu erwähnen: das Alpine Experiment ALPEX Anfang der 80er Jahre und des Mesoskalige Alpine Programm MAP Ende der 90er Jahre. Allerdings konzentrierte sich die bisherige Forschung hauptsächlich auf die voll entwickelte Phase und weniger auf die Anfangs- und Endphase von Föhn. Darum sind die Mechanismen des Eindringens von Föhn in Tälern und des Zusammenbrechens von Föhn immer noch wenig bekannt. Jedoch wirken sich gerade diese kurzlebigen Phasen am stärksten auf die Flugsicherheit und die Luftgüte im Tal aus. Durchbruch und Zusammenbruch von Föhn werden von verschiedenen atmosphärischen Prozessen kontrolliert. Damit der Föhn im Tal durchbrechen kann, muss der sogenannte Kaltluftsee, der sich oft in der vorangehenden Nacht durch nächtliche Auskühlung der Talatmosphäre bildet, ausgeräumt werden. Der Abbau dieses Kaltluftsees im Tal kann z.B. durch Aufheizung der Kaltluft in Bodennähe infolge der Sonneneinstrahlung, durch turbulenten Abbau am Oberrand der Kaltluft infolge des Föhns oder durch Ausfließen der Kaltluft ins Alpenvorland erfolgen. Einige der vorangehenden Studien lieferten widersprüchliche Aussagen darüber, welcher dieser Prozesse dominiert. Zudem stellt Föhn eine große Herausforderung für numerische Wettervorhersagemodelle dar. Prognosefehler sind teilweise auf unzureichende Erfassung dieser Prozesse zurückzuführen.

Zielsetzung

Darum zielt dieses Forschungsprojekt auf die Verbesserung des Verständnisses von atmosphärischen Prozessen ab, welche den Durchbruch und Zusammenbruch von Föhn bestimmen.

Methodik

Die Methodik basiert auf einer Kombination aus raffinierten Messtechniken und Computersimulationen. Ein zentrales Element des Projektes ist ein Feldexperiment, das in im Inntal – genauer gesagt in Innsbruck und Umgebung – im Herbst 2017 durchgeführt wird. Die wichtigsten atmosphärischen Beobachtungssysteme sind drei kombinierte Laser-basierende Instrumente (sogenannte Doppler Wind Lidare) zur distanzierten Erfassung des turbulenten Windfelds im Tal sowie ein Forschungsflugzeug zur Beobachtung des turbulenten Strömungsfeldes im Flugniveau. Gerade im Bereich der aktiven Fernerkundung basierend auf Lidar-Technik wurden in den letzten Jahren große technische Fortschritte erzielt. So hat sich die räumliche Auflösung dieser Messsystem in den letzten 10 Jahren um einen Faktor 10 erhöht, was es uns nun ermöglicht, Turbulenz explizit zu erfassen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften kürzlich im Rahmen der Hochschulraumstrukturmittel (HRSM) 2016 ein zweites Doppler Wind Lidar genehmigt bekommen hat. Dieses Gerät wird eine zentrale Rolle im PIANO Projekt einnehmen. Für die Finanzierung dieses Messsystems möchte ich sowohl dem Wissenschaftsministerium als auch dem Rektorat der Universität Innsbruck herzlich danken.

Trotz dieser innovativen Messtechnik gibt es Bereiche im Tal, die selbst vom besten und dichtestem Messnetz nicht abgedeckt werden können. Um diese räumlichen Lücken der Messsysteme zu füllen, werden wir im PIANO Projekt die turbulente Strömung mit einem Computermodell (dem sogenannten Weather Research and Forecasting Model) simulieren. Dazu ist eine sehr hohe räumliche und zeitliche Modellauflösung nötig. Diese sehr aufwendigen Strömungssimulationen werden auf den sogenannten High Performance Computing (HPC) Systemen der Universität Innsbruck sowie am Vienna Scientific Cluster (VSC) in Wien durchgeführt.

Messungen und Simulationen dienen letztendlich dazu, alle relevanten Atmosphärenprozesse zu erfassen und zu quantifizieren. Das Computermodell wird nicht nur für reale Fallstudien verwendet, sondern auch als virtuelles Labor, um die Sensitivität des Durchbruchs und Zusammenbruchs von Föhn auf verschiedene Faktoren zu prüfen.

Zu erwartende Ergebnisse

Das Ziel des Projektes ist die Erstellung eines umfassenden Bildes von verschiedenen Prototypen der Föhnentwicklung. Das Projektergebnis dient unter anderem dazu, die Vorhersagegüte von numerischen Wettervorhersagemodellen über komplexem Gelände und somit auch die Warnungen vor gefährlichen Turbulenzen und schlechter Luftqualität in Tälern zu verbessern.

Forschungsschwerpunkte und Infrastruktur

Das Projekt PIANO ist ein aktiver Beitrag zum universitären Forschungsschwerpunkt Alpiner Raum – Mensch und Umwelt (ARMU) sowie zum Forschungsschwerpunkt Scientific Computing. Ohne die Förderung und die Zurverfügungstellung von Forschungsinfrastruktur durch diese Schwerpunkte wäre dieses Projekt nicht realisierbar. Darum möchte ich mich an dieser Stelle auch nochmals beim Rektorat und beim Wissenschaftsministerium für die Unterstützung beim gezielten Ausbau dieser Infrastruktur herzlich bedanken.

Die Förderung von Infrastruktur durch Ministerium und Universität sowie die Förderung von Personal- und Sachkosten durch den Wissenschaftsfonds und durch private Stiftungen – und hier insbesondere der Weiss-Wissenschaftsstiftung – ist eine ideale Kombination, um im internationalen Wissenschaftswettbewerb konkurrenzfähig zu sein und zu bleiben.

Verleihung d. Urkunde

 

Dankeschön!